Gefahren der Meditation
Einführung
Die Urfrage der Menschheit lautet: Ist der Weg vom Leben zum Tod alles?
Die Frage ist dann: Wer bin ich? - Und zwar solange, bis alle Antworten
wie Name, Beruf, Eigenschaften, gesund oder krank etc. gegeben sind.
Was bleibt dann? Wer bin ich?
Unser tiefstes Selbst liegt zu tief für die Überlegung und Zergliederung
des alltäglichen Bewusstseins. Besonders westliches Bewusstsein
versucht, Erkenntnis und Information über das Machen von Unterschieden
zu erlangen. Dabei verliert man häufig aus den Augen, ob diese
geschaffenen Unterschiede dem Leben noch dienlich oder gar wahr sind.
Die tieferen Schichten unseres Menschseins entziehen sich solchem
Ansinnen. Der geistige Urgrund des Menschen ist dem normalen
Bewusstsein nicht mehr zugänglich, auch nicht durch eine
partnerschaftliche Kommunikation mit dem Unbewussten wie etwa in der
Aktiven Imagination.
Wie beim Baum bedingen sich die Verwurzelung in der Tiefe und die Höhe des Menschseins, das
sichtbare Menschwerden aus dieser geistigen Kraft heraus. Beides trägt dazu bei, dass wir uns
einer neuen Wirklichkeit des Seins zugehörig fühlen, die in der Erfahrung des Geistigen gegründet
ist. Meditation wendet sich deshalb noch tieferen Schichten zu als die Imagination. Hier streben wir
nicht mehr danach, Botschaften aus dem Unbewussten ins Bewusste aufsteigen zu lassen, sondern
lassen das Auslöschen unseres gegenständlichen Bewusstseins zu, und lassen uns hinab in eine
Tiefe, wo sich das als getrennt erlebende Bewusstsein im Vertrauen auf ein ständiges Neuwerden
auflöst.
Jede wirkliche Meditation hat die Einheit zum Ziel, nicht im Sinne eines theoretischen Wissens,
sondern in ihrem unmittelbaren Erleben. Meister Eckehart hat diese Einheit einmal so beschrieben:
Sie vollzieht sich im Seelengrund, in dem der Seelengrund in den göttlichen Urgrund, den
Quellgrund aller Dinge eingeht. Dies entzieht sich jeder Fassbarkeit in Worte. Hier gibt es keine
Definition mehr, sondern nur noch Erfahrung.
Eine solche Erfahrung kann man nicht herbeiführen. Allerdings ist es notwendig, sich dafür zu
öffnen und in der Meditation innerlich ganz still zu werden. Beim Meditieren geht es nicht mehr um
Bewusstwerdung und Individuation im Sinne eines Erfassens und Verwertens des Erlebten, sondern
um Wandlung. Das Tiefste - und dann auch das Höchste - geschieht ohne unser Dazutun. Gerade
im Loslassen, im Verzichten auf Erkenntnis, im Anvertrauen auf diesen unfassbaren Seinsgrund
können wir von einer wandelnden Erfahrung durchdrungen werden, die schließlich auch die
Grenzen eines Lebens überschreiten kann, das auf Sicherung, durchschaubaren Sinn und
Geborgenheit gestellt ist. Dafür kann etwas geschenkt werden, das nur in der Überwindung des
natürlichen Ichs und in der Hingabe an das „Stirb und Werde“ des Lebens zu finden ist.
Je mehr man sich der Erfahrung nähert, desto mehr kommt einem jedes Bild, jede Vorstellung
außer Sicht. Der Gedanke an ein Ziel, an dem man einmal ankommen könnte, ist deshalb verfehlt.
Bei beständigem Üben wird man irgendwann spüren, dass es einfach darauf ankommt, den Weg zu
gehen, auf dem man jede Vorstellung von einem Ziel bzw. von der wirklichen Tiefe seiner Wurzeln
lassen muss. Sinn der meditativen Übung ist: die Einswerdung mit dem Großen Leben und dafür
immer wieder neu durchlässig zu werden, sich davon durchdringen zu lassen.
Der leibliche Bezug
Meditative Übung hat seit jeher in allen Religionen auch einen leiblichen Bezug und schließt die
Aufmerksamkeit auf unseren Körper als beseelte Gestalt mit ein. Die Tatsache der Beseeltheit
unseres Leibes können wir leicht daran erkennen, dass wir unsere geistige und gemütsmäßige
Verfassung unmittelbar auch in unserer Haltung, Mimik und Gestik, in unseren Augen und dem
Klang unserer Stimme ausdrücken. Wird die Einbeziehung des Leibes in die meditative Übung
weggelassen, so besteht leicht die Gefahr eines Zusammensinkens oder Weggesogenwerdens.
Solche Erlebnisse können durchaus als angenehm erlebt werden. Sie fördern aber lediglich eine
Weltflucht oder geistige Verstiegenheit und tragen wenig dazu bei, eine wirkliche Wandlung
herbeizuführen.
Die Rolle des bewussten Ichs
Meditation kann auch ohne den Weg der Individuation, Bewusstwerdung und Ich-Entwicklung
vollzogen werden. Vielleicht sucht man dann einfach Stille oder schöne Erlebnisse. Dann können
wir ein Gefühl der Auflösung erleben, in dem wir für eine Weile aller Sorgen enthoben sind. Nach
der Übung werden wir jedoch unverändert ins „Normale“ zurückkehren. Wir streben über die
Grenzen unseres Ich-Horizontes nicht hinaus und versuchen vielleicht, uns das Alltägliche ein
bisschen zu erleichtern. Wenn wir aber nach mehr Seinsfühlung und Seinstiefe streben, werden wir
manchmal auch unangenehmen Erlebnissen begegnen. Hierzu ist eine gut gespannte Ich-Kraft
wichtig, um nicht überschwemmt zu werden.
Die Möglichkeit der Bewusstwerdung ist uns als menschliche Gabe gegeben. Von der Nutzung
dieser Gabe abzusehen, würde bedeuten, einen wichtigen Teil des Menschseins nicht in den Dienst
unseres Werdens zu stellen und auf die bewusste schöpferische Mitwirkung und Verantwortung im
eigenen Leben zu verzichten. Denn
Bilder, die z. B. verdrängte Kräfte anzeigen, weisen auf Energien in uns hin, die als solche jenseits
von Gut und Böse sind, auf die aber als Kraftpotential nicht verzichtet werden sollte. Auf die
Wichtigkeit dieses Aspekts wurde bereits am Tempel zu Delphi hingewiesen: Erkenne dich selbst,
und du wirst das Universum und die Gottheit schauen.
Die Einsicht in die Einheit setzt die Einsicht in das, was uns von ihr trennt, voraus. Graf Dürckheim
hat dies einmal so beschrieben: „Wo der Mensch sich, z. B. in geistlicher Übung, nur dem Lichten
zugewendet hält, sich um das Dunkle in ihm aber nicht kümmert, bleibt ihm der Teufel im Nacken.“
Auch für die Meditation gilt: Zuerst muss das Ich etwas tun. Dann erst können wir erfahren, dass
ganz ohne eigenes Zutun etwas auf uns zukommt und wir etwas empfangen, das uns verändert.
Früher war dies wenigen vorbehalten als Einweihung. Heute, wo wir vor einem neuen Zeitalter
stehen, steht dieses Wissen allen offen.
Erhöhung der Leistungskraft
Eine Nebenwirkung der Meditation ist, dass sich unsere Kraft zur Bewältigung des alltäglichen
Lebens erhöht. Dies birgt die Gefahr, dass man die Übung einfach in den Dienst eines noch
besseren Funktionierens stellt und Meditation schließlich nur zum Zweck der Regenerierung und
Verbesserung der Leistungsfähigkeit betrieben wird. Meditiert man vor allem, um gesünder,
erfolgreicher, fitter und leistungskräftiger zu werden, dann hat man die Meditation zu etwas ganz
anderem gemacht: Man hat sie in eine Reihe mit Entspannungsübungen, Aufputsch- und
Beruhigungsmitteln gestellt, die in die Lage versetzen sollen, die eigene Seele noch leichter für
Zwecke der Leistung und eines fragwürdigen Erfolges zu verkaufen. Das hat dann mit einem
persönlichen Weg nichts mehr zu tun. Es ist nicht Sinn, sondern nur Nebenwirkung der Meditation,
unsere Belastbarkeit zu erhöhen. Letzteres führt vom Wesentlichen weg. Besser ist es,
übermäßigen Stress und Belastung frühzeitiger bemerken und rechtzeitig und ausreichend
auszuruhen.
Das Streben nach höheren Fähigkeiten
Wenn wir auf dem geistigen Weg Fortschritte machen, stellt sich auch ein verfeinertes
Wahrnehmungsvermögen ein. Dies kann z. B. Hellsichtigkeit, Hellfühligkeit, ein guter Kontakt zur
inneren Stimme sein oder die Fähigkeit zu heilen. Auch hier ist es ein Unterschied, ob diese
Fähigkeiten als Nebenwirkung des eigenen Weges auftreten oder geistige Übungen direkt zur
Erlangung dieser Fähigkeiten gemacht werden. Strebt man die Fähigkeiten direkt an, so steht das
Üben letztlich nicht im Dienst des eigenen Wegs sondern eines machtbegierigen Ichs. Dies gilt auch
dann, wenn diese Macht zu einem guten Zweck eingesetzt werden soll. Denn der Weg in eine
wirkliche Tiefe ist dadurch gekennzeichnet, dass das Ich erst einmal zurücktreten lernt.
Andererseits kann die Übung solcher Fähigkeiten auch dem geistigen persönlichen Weg dienen.
Denn übersinnliche Fähigkeiten können nur dann auftreten, wenn das Ich-Bewusstsein ausreichend
in den Hintergrund tritt. Die Übung, das Ich zu lassen, ist immer segensreich, wenn sie im
Vordergrund steht und das Erwerben der Fähigkeiten nicht als Hauptsache angesehen wird. Ganz
besonders bei solchen Übungen ist es wichtig, im Leib fest verwurzelt zu sein. Denn gerade auf
dem Gebiet des Hellsehens und Heilens ist die Versuchung des Illusionären besonders groß.
Für den geistigen Weg ist es wichtig, dass etwas, was wir erleben, niemals auf Kosten der
Wahrhaftigkeit geht. Es gibt viele Dinge, die auf uns wirken. Z. B. kann uns ein
Lichterlebnis in einer Meditation vielleicht sehr beglücken, muss aber nicht wahr sein. Man kann so
etwas auch selber machen. Deshalb muss man unterscheiden zwischen dem, was man macht, und
dem, was in der geistigen Welt wahr ist.
© Hartmut Rademacher · Heilpraktiker · Wilhelm-Nagel-Str. 24 · 73732 Esslingen
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Praxis für Wegbegleitung, Psychologie und Psychosomatik
Hartmut Rademacher, Heilpraktiker